Eine sehr häufig gestellte Frage, die nicht ganz leicht zu beantworten ist, ist die Frage nach der Realität der Zeitdilatation. Ist das Langsamerlaufen der Uhren und aller physikalischer Prozesse in einem relativ zum Beobachter bewegten System wirklich oder ist es scheinbar?
Sehr einfach zu beantworten ist diese Frage für das Zwillingsparadoxon: Lädt man eine Uhr in ein Flugzeug und fliegt sie um die Erde, so geht sie nachprüfbar ein bisschen nach. Man kann die Uhr leicht mit einer stationären Uhr vergleichen und erhält eine reale, messbare Abweichung.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage bei einer Ein-Weg-Reise. Bewegt man zwei Uhren mit hoher Geschwindigkeit auseinander und bremst sie dann wieder so ab, dass sie zueinander in Ruhe sind, so kann man nicht absolut angeben, welche Uhr vor- und welche nachgeht. Das ist eine Folge der Relativität der Gleichzeitigkeit. Welche Uhr vorgeht hängt davon ab, was für ein Inertialsystem man verwendet. Aber auch hier ist es nicht beliebig: Hat man sich auf ein Koordinatensystem festgelegt, so ergibt die relativistische Rechnung eindeutig, welche Uhr vorgeht. Das ist mit Hilfe einer Uhrensynchronisation experimentell überprüfbar. Auch hier sind die Aussagen der Relativitätstheorie also eindeutig und überprüfbar. Sie sind somit ebenso real, wie alle anderen physikalischen Messgrößen.
Es gibt übrigens viele Analogien zur Newtonschen Physik. Auch dort gibt es schon die Relativität nach Galileo Galilei. Die kinetische Energie eines Objektes ist zum Beispiel abhängig von der Wahl des Koordinatensystems. Dennoch ist die Wirkung bei einem Zusammenstoß real und vom Koordinatensystem unabhängig. Auch die Gesamtenergie ist zwar vom Koordinatensystem abhängig, aber in jedem beliebigen Inertialsystem eine reale, weil messbare Erhaltungsgröße. Man sollte also sorgfältig zwischen relativ und beliebig unterscheiden.
Letzte Änderung: 13.04.2007
© Joachim Schulz